»Die Gustel von Blasewitz«
Lebensdaten:
geboren: 5. Januar 1763 in Dresden
gestorben: 24. Februar 1856 in Blasewitz
Eltern: Vater: Johann Christoph Segedin (1716-1763);
Mutter: Johanna Dorothea Segedin, geb. Pohle (verstorben 1791)
Geschwister: zwei Geschwister und vier Halbgeschwister
Ihr Großvater Ferdinand Segedin (gest. 1720) wurde als Kind bei der Einnahme von Belgrad gefangen genommen und im Jahr 1688 erst nach Greiz und schließlich nach Zeulenroda gebracht. Er wurde 1695 auf den Namen Ferdinand getauft, seinen Nachnamen erhielt er vermutlich nach der Stadt, die er als Geburtsort angab (Szegedin, heute Ungarn). Ferdinand Segedin heiratete 1709 und war als Wirt in Culmitzsch tätig.1
Heirat: 30. Januar 1787 mit dem späteren Ratsherrn Christian Friedrich Renner, zwei Kinder: Christian Friedrich Renner (geboren 1788, im Jahr 1813 im Alter von 25 Jahren verstorben) und Karl August Renner (geboren 1795 und bereits im Kindesalter von 5 Jahren verstorben)
Wissenswertes:
Justines Vater war Leibjagdkutscher, konnte diesen Beruf jedoch nach einem Unfall im Jahre 1754 nicht mehr ausüben und erhielt im Jahre 1756 eine Stelle als Torwächter im Großen Garten. Er starb am 28.11.1763.
Nach dem Siebenjährigen Krieg übernahm Justines Mutter im Sommer 1764 das zur Zwangsversteigerung angebotene Blasewitzer Schenkhaus, den heutigen Schillergarten. Da Justines Mutter am 25.09.1764 den kurländischen Lakaien Karl Friedrich Fleischer heiratete, hieß das Schankhaus fortan „Fleischersche Schenke“.
Nach Angaben des Geheimen Bergrathes Dr. Carl Naumann, Sohn des Blasewitzer Komponisten Johann Gottlieb Naumann verlebte Justine „ihre Kindheit und Jugend in Blasewitz, im Hause ihrer Mutter … Sie half ihrer Mutter und ihrem Stiefvater in der Führung der Wirthschaft, ohne ihre anderweitige Ausbildung zu vernachlässigen. Ihre schöne Stimme und ihre anmuthige äußere Erscheinung brachten Schiller und Andere auf den Gedanken, sie für das Theater auszubilden, welchen sie jedoch ganz entschieden von sich wies.“
Friedrich Schiller, der zwischen 1785 und 1787 auf der anderen Elbseite bei seinem Freund Christian Gottfried Körner weilte, besuchte gern und oft die „Fleischersche Schenke“ und lernte so Justine, die in der Schankwirtschaft ihrer Mutter aushalf, kennen.
Am 30.01.1787 heiratete Justine den späteren Senator (Ratsherrn) Christian Friedrich Renner, damals noch Rechtsconsulent. Aus der Ehe sind zwei Kinder – Christian Friedrich Renner (geboren 1788, im Jahre 1813 im Alter von 25 Jahren verstorben) und Karl August Renner (geboren 1795 und bereits im Kindesalter von 5 Jahren verstorben) – hervorgegangen.
Nach dem Tod der Mutter im Jahre 1791 übernahm Justine mit ihren Geschwistern kurz die Schenke, welche jedoch alsbald an einen Schwager verkauft wurde.
Zehn Jahre nach seinem Fortgang aus Dresden nach Weimar schrieb Schiller den „Wallenstein“ und erwähnte Justine als Gustel von Blasewitz in seinem Werk mit dem bekannten Ausruf des Jägers beim Anblick der Marketenderin im Heereslager:
„Was? Der Blitz! Das ist ja die Gustel aus Blasewitz“
Dies machte Blasewitz und vor allem Justine allseits bekannt. Allerdings gehen die Meinungen auseinander, ob sich Justine durch die dadurch erlangte Bekanntheit geschmeichelt fühlte oder ob sie es Schiller eher übelnahm, dass er sie als inzwischen sehr angesehene Frau als Gattin des Senators Renner in seinem Werk erwähnte.
Am 28.02.1856 verstarb Justine in Dresden. Obwohl Justine viele Jahre in Dresden lebte, blieb sie Blasewitz immer verbunden. Nach ihrem Tod wurde gemäß ihrem letzten Willen durch einen ihrer Verwandten 100 Taler an das Gerichtsamt zu Dresden überreicht. Aus den Zinsen sollte jedes Jahr ein „armes Blasewitzer Kind für Fleiß und Wohlverhalten“ bedacht werden.
Außer in Schillers Werk wurde Justine Renner 1863 auch im Königlichen Hoftheater sowie im Jahre 1885 bei der Schillerfeier 1885 im Schillergarten durch das Volksstück „Die Gustel von Blasewitz“ gewürdigt. Auch das Dresdner Alberttheater nahm sich dieser bekannten Blasewitzerin als Thema für ein Bühnenstück an. Nach einem Roman von Anda von Smelding kommt 1935 ein Schauspiel ebenfalls mit dem Titel „Die Gustel von Blasewitz“ auf die Bühne.
Das Modehaus A. Renner, welches bis 1945 an der Südseite des Dresdner Altmarktes gelegen war, wurde von Angehörigen der Familie Renner betrieben.
Die Gustel von Blasewitz
Unsterblichkeit hat ihr der Schiller verlieh’n
Der Jungfer Justine Segeding.
Das war die „Gustel von Blasewitz“,
Die Gastwirtstochter vom Gutsbesitz.Da war der Dichter ins Schankgut gekommen,
Dem hat es die Gustel gar übel genommen,
Daß er sie so auf die Bühne gestellt,
Als eine Berühmtheit vor aller Welt.Ja, – Dichter, die schöpfen voll Phantasie
Idealgestalten, nicht Photographie.
Uns aber blieb in Erinnerung
Die Gustel von Blaswitz ewig jung.Alt Mütterchen starb sie vor sechzig Jahren,
Verfasser unbekannt (entnommen aus Dubbers, Annette: Der Schillergarten zu Dresden-Blasewitz, 1. Auflage, Dresden, Michel Sandstein Verlag, 1996, S. 21).
Uns soll sie ihr jungfrisches Antlitz bewahren.
„Senatorin Renner“ – so kennt man sie nimmer!
Die Gustel von Blasewitz lebt für uns immer!
Wohnsitz:
- um 1800 Kleine Brüdergasse 3032
- um 1830 Große Schießgasse 712 4. Treppe3
- um 1833 Drehgasse 188, 2. Treppe4
- um 1840 bis zu ihrem Tod Drehgasse 2, 2. Treppe5
Dresdner Erinnerungsorte:
Die „Gustel von Blasewitz“ wird an verschiedenen Orten in Dresden-Blasewitz geehrt:
Grabmal:
Neben dem Denkstein der Familie Cauer befindet sich das Grab von Johanne Justine Renner und ihres vor ihr gestorbenen Ehemannes, des Senators Christian Friedrich Renner (1755–1821). Im zweiten Familiengrab (D 11.1) ruhen beide frühverstorbenen Söhne des Ehepaares Renner, Carl August (1795–1800) und Christian Friedrich (1788–1813) sowie deren Onkel Johann Christoph Segedin (1761–1840).
Das ihr gewidmete Gedenken sei hier angeführt:
Vereint mit ihrem Gatten ruht
Frau Johanne Justine Renner
geborene Segedin
geb. d. 5. Jan. 1763 gest. d. 24. Februar 1856
Wie Du geglaubt, so ist Dir nun geschehen,
Wie Du gehofft, so wandelst Du im Licht,
Wie Du geliebt, wirst Du die Liebe sehen,
Wo Stern an Stern sich Dir zum Kranze flicht.
Die Hoffnung des Wiedersehens bleibt unser Trost.
Quellen/Literatur:
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger: Amtsblatt des Königlichen Amts- und Landgerichtes Leipzig und des Rathes und Polizeiamtes der Stadt Leipzig – Dienstag, 15.09.1885.
- Dresdner Nachrichten vom 11.05.1888.
- Roßki, Ingrid, Friedrich Schiller machte machte Johanne Justine Szegedin unsterblich“, aus: Sächsische Zeitung vom 22.02.2010
- Dubbers, Annette, Der Schillergarten zu Dresden-Blasewitz, Dresden 1996, S. 21.
- Fischer, Daniella, Mein Schillergarten – Dresden-Blasewitz und sein historisches Gasthaus, Dresden 2007, S. 9, 27 ff.
- Roth, Fritz, Die Herkunft der Gustel von Blasewitz Johanne Justine Segedin (1763-1856), in: Mitteldeutsche Familienkunde (1960), Jg. 5, Heft 3, S. 30-32.
- Kohn, Dr. Adolf, Klassenlektüre. Die Gustel von Blasewitz aus Germania: A monthly magazine for the study of German, Bd. 3, 1891, S. 234.
Von Conny Leder
- Roth, Fritz, Die Herkunft der Gustel von Blasewitz Johanne Justine Segedin (1763-1856), in: Mitteldeutsche Familienkunde (1960), Jg. 5, Heft 3, S. 31 f., ↩︎
- Dresden zur zweckmäßigen Kenntniß seiner Häuser und deren Bewohner, 1799. ↩︎
- Dresdner Adress-Kalender, 1831. ↩︎
- Dresdner Adress-Kalender, 1833. ↩︎
- Dresdner Adress-Handbuch, 1840. ↩︎