Bildhauer am Sächsischen Hof, Modelleur, Holzschnitzer
Lebensdaten:
geboren: 17. August 1691 in Merseburg
gestorben: 28. Dezember 1732 in Dresden
Familie:
Vater: Hans Kirchner, Büchsenschösser (verstorben 1702)
Mutter: unbekannt
Geschwister: Johann Gottlieb Kirchner (1706 bis 1768); Elisabeth Kirchner, verheiratete Fleischer
Dorothee Kirchner, ebenfalls verheiratete Fleischer; Susanne Rosine Kirchner, verheiratete Schorr
Ehefrau: Anna Eleonora, geborene Turner (Heirat in Dresden ca. 1713)
Kinder: Christian August Kirchner; Carl Friedrich Kirchner; Erdmuthe Sophia Kirchner; Johanna Friederica Kirchner
Studium/Beruf:
Kirchner ging zunächst bei dem Bildhauer Michael Hoppenhaupt in Merseburg in die Lehre. 1711 kam er 20-jährig nach Dresden. Im gleichen Jahr begannen die Arbeiten am Zwinger, wo Balthasar Permoser nach Bildhauern suchte. Als Kirchners Schwiegervater, der Hofbildhauer Christoph Turner, im Jahre 1717 starb, erhielt er dessen Werkstatt und Titel und arbeitete nunmehr als eigenständiger Meister am Bau des Zwingers mit.
Wissenswertes:
Kirchner, dem 1720 das Dresdner Bürgerrecht verliehen wurde, war vielseitig talentiert. Er arbeitete als Holzschnitzer, Modelleur für das Böttgersteinzeug und -porzellan, als Entwerfer für Bronzeguss und als Steinschneider. Vor allem war er aber Steinbildhauer.
Seine Arbeiten zeichneten sich durch „das Graziöse des Rokokos“ aus. „Wo Permosers Gestalten aber nur Wucht, nur Masse, nur schwer anfahrende Bewegung zeigen, wird Kirchners Plastik schon durch das Graphische, das Liebenswürdige und Zierliche besonders gekennzeichnet“ (so Dresdner Neueste Nachrichten vom 29.12.1932).
Kirchner hat unter anderem für den Dresdner Zwinger viele Figuren gefertigt. In den Dresdner Nachrichten vom 28.12.1932 heißt es anlässlich des 200. Todestages Kirchners wie folgt:
„Unter den Bildhauern am Dresdner Zwinger aus der ersten großen Bauperiode muß neben dem alten Balthasar Permoser und dem wesentlich jüngeren Johann Benjamin Thomae, als dritter Johann Christian Kirchner genannt werden. … 1719 ist er unter den ,Restanten‘, die noch für ausgeführte Arbeiten am Zwinger Geld zu bekommen haben. Er hat insgesamt noch zu erhalten 634,18 Taler und davon sind 364 Taler für Arbeiten ‚beym äußerlichen Baue des Opernhauses, denen Salons und der Gallerien‘. Da dies doch nur ein Restbetrag ist, so muß man annehmen, daß seine Arbeiten am Zwinger sehr umfänglich gewesen sind.“
Kirchner arbeitete eng mit Pöppelmann zusammen. Wenn dieser irgendwo Figuren benötigte, beauftragte er Kirchner, zum Beispiel für das Japanisches Palais, die Augustusbrücke und Schloss Moritzburg.
Außerdem erhielt Kirchner viele Aufträge von Joachim Siegismund von Ziegler, dem Errichter des Schlosses Joachimstein bei Görlitz. Kirchner war von 1721 bis 1732 (mit Pausen) für von Ziegler tätig. Kirchners letzter großer Auftrag war das Postament für das Kruzifix auf der Augustusbrücke. Er erhielt dafür 2000 Taler und war 15 Monate mit dieser Arbeit beschäftigt. Leider stürzte das Postament mit Kruzifix beim Hochwasser im März 1845 mit dem Pfeiler, auf dem es stand, in die Elbe und wurde nie wieder gefunden.
Christian Kirchner erkrankte an der für Bildhauer häufigen Berufskrankheit einer Staublunge.
Am 9. Dezember 1732 setzte er sein Testament auf, das seine Frau und minderjährigen Kinder versorgte, sowie Legate für Arme enthielt. Für sich selbst wünschte er, dass sein Bruder Gottlieb nach seinem Riss ein Grabmal fertigt und setzte dafür 80 Thaler aus, was etwa einem Drittel eines Bildhauer-Jahresgehalts entspricht.
Er starb zwei Wochen später nur 41-jährig in seinem Haus in der Breiten Gasse und wurde am 2. Januar des Jahres 1733 auf dem Eliaskirchhof bestattet.
Kirchner gilt nach Permoser als der bedeutendste Bildhauer des Sächsischen Barocks. In seiner grazilen Eleganz ist er unübertroffen
Wohnsitz/Dresdner Erinnerungsorte:
Breite Gasse 21 in Dresden
Grabmal:
Sein über dreieinhalb Meter hohes Grabmal überragte einst das gesamte Grabfeld. Es stellt einen fast nackten, nur von einem wehenden Tuch umhüllten Chronos, den Gott der Zeit der griechischen Mythologie, dar. Dieser reckt sich nach dem geflügelten Stundenglas an seinem rechten ausgestreckten Arm. Neben dem dramatisch mit der Zeit ringenden Chronos enthält das zugehörige Postament eine Reihe von Attributen und Symbolen für Jugend und Tod sowie für die Bildhauerkunst. Im linken Arm hält der Chronos ein Medaillon mit dem Porträt Christian Kirchners in seinen besten Jahren.
Als Anfang der 1970er-Jahre der Friedhof zum Abenteuerplatz verkam und barocke Skulpturen im Umfeld durch – Zitat der Akten – „Umtriebe jugendlicher Banden“ vom Sockel gestürzt wurden, engagierten sich die Bildhauer Werner und Christian Hempel sowie das Institut für Denkmalpflege unter Hans Nadler für eine Sicherung und Entnahme vom Friedhof. So wurde das Grabmal mit drei weiteren Skulpturen zunächst in der Bildhauerwerkstatt Hempel untergestellt und kam 1987 in das Palais im Großen Garten.
Im Jahr 2021 konnte die Skulptur durch die nächste Bildhauer-Generation der Firma Hempel wieder auf den Eliasfriedhof zurückgeführt werden. Hier erhielt sie in dem wieder aufgebauten barocken Grufthaus-Schwibbogen 38 einen eigenen Raum, der zur Ruhe und Betrachtung anregt.
Werke:
Beispielhaft seien hier folgende Werke genannt:
- 1718: Audienzstuhl aus Holz, vergoldet
- 1719: Skulpturen Meleager, Atalante, Venus und Adonis im Großen Garten
- 1725: Neptun und Amphitrite im Dresdner Zwinger
- 1726: Skulpturengruppen „Vier Jahreszeiten“, „Die vier Erdteile“ und „Vier Elemente“ im Barockgarten Großsedlitz
- 1727 bis 1731: Hirsch- und Rentierköpfe sowie Putten mit Jagdszenen im Schloss Moritzburg
- 1730: Hermen im Innenhof des Japanischen Palais in Dresden
- 1732: eigenes Grabmal mit Relief-Selbstbildnis
(ausgeführt durch seinen Bruder Johann Gottlieb Kirchner)
Fotos einiger Werke:
- 1712: Delphinbrunnen im Nymphäum des Dresdner Zwingers (Ausschnitt)
- 1718: Nymphe mit dem Blütenstrauß im Dresdner Zwinger (Nymphenbad)
- 1725: Piqueur, Schloss Moritzburg (Auffahrt zur Terrasse)
(Fotos von Conny Leder, Förderverein Eliasfriedhof) - 1726: Epitaph für den Architekten Johann Friedrich Karcher und seiner Familie in der
Kirche Leubnitz-Neuostra
Quellen/Literatur:
- Asche, Siegfried: Balthasar Permoser und die Barockskulptur des Dresdner Zwingers, Frankfurt am Main, Verlag Weidlich, 1966, S. 167-241.
- „Dresdner Nachrichten“ vom 28.12.1932: „Ein Bildhauer am Dresdner Zwinger – Zu Joh. Chr. Kirchners 200. Todestag am 28. Dezember“ von Dr. Hubert Georg Ermisch, S. 3.
- „Dresdner Neueste Nachrichten“ vom 29.12.1932: „Johann Christian Kirchner 200 Jahre tot“, S. 4.
Von Conny Leder