Adelheid Reinbold (1800-1839)

Schriftstellerin

Reinbold
Adelheid Reinbold; Quelle: Neuausgabe Russische Scenen (Leipzig 2010, Autonomie und Chaos, S. 3).
Lebensdaten:

Geboren: 15. Januar 1800 in Hannover

Sie wurde laut dem Taufeintrag (Quelle [2]) als Auguste Johanna Adelaide Wilhelmine Reinhold getauft, nannte sich aber selber Adelheid Reinbold.

Gestorben: 14. Februar 1839 in Dresden

Vater: Carl Friedrich Reinbold (Jurist und Königlich-fürstlicher Kanzleisekretär in Hannover); Mutter: Friedrike Reinbold, geb. Hof (Tochter Christian von Hof, Geheimer Assistenzrat am Hofe des Herzogs von Sachsen-Gotha-Altenburg ), ältestes von zwölf Kindern.

Schulausbildung/Kindheit:

Über die Kindheit und Schulausbildung von Adelheid Reinbold ist wenig bekannt.  Wahrscheinlich aufgrund von Finanzproblemen zog die Familie 1808 in die Provinz auf das Klostergut Mariengarten nach Göttingen. Dort konnte der Vater eine neue Stelle als Oberamtmann antreten. Die Erziehung der Kinder übernahm Hedwig von Hof, die unverheiratete Schwester der Mutter Reinbolds. Adelheid wurde durch sie in Sprachen (Griechisch und wahrscheinlich Englisch u. Französisch) und Zeichnen unterrichtet. [1]

Beruf/Leben:

Nach Quelle [1]:

1820 trat Adelheid Reinbold auf Vermittlung der Verwandtschaft ihrer Mutter eine Stelle als Erzieherin im Haus der Bankiersfamilie Heinrich und Henriette von Pereira-Arnstein an. Im Hause ihrer Arbeitgeberin fand regelmäßig ein Salon statt, in dessen Rahmen sie intellektuelle Anregungen erhielt. Schon in Wien begann sie erste Texte zu schreiben –  so das Drama Saul.  Allerdings verlief die Zeit nicht ohne Spannung. Es ist zu vermuten, dass es aufgrund der fortschrittlichen Einstellung von Adelheid Reinbold zu Problemen mit Ihrer Arbeitgeberin hinsichtlich der Erziehung der Kinder kam. So wurde das Arbeitsverhältnis, welches auf 10 Jahre angelegt war, schon 1828 nach 7 Jahren aufgelöst. Sie erhielt aber eine monatliche Rente auf Lebenszeit von ihren ehemaligen Arbeitgebern, die ihr wahrscheinlich für ihr weiteres Leben hilfreich war.

1828 zog Adelheid Reinbold kurzzeitig nach Dresden zu der befreundeten Familie Rehberg, die sie in die Kreise des Tieckschen Hauses einführte. Sie fand in Ludwig Tieck schnell einen Freund, ebenso lernte sie Friedrich von Raumer kennen. Diese Freundschaft sollte ihr weiteres Wirken als Schriftstellerin prägen. Allerdings stand auch die Versorgung Ihrer Geschwister im Blick. Aus diesem Grund versuchte sie sich in Miniaturmalerei und im Verkauf ihrer Bilder. Ein Augenleiden machte diese Pläne jedoch schnell zunichte.

Sie ging kurz danach (wahrscheinlich 1829) zu ihrer Familie nach Münden zurück und versuchte, ihre Mutter bei der Versorgung der Familie zu unterstützen. Da ihr Vater wenig finanzielles Verantwortungsbewusstsein hatte, prägte die Sorge um die Versorgung ihrer Geschwister ihr weiteres Leben. Den Winter 1830/31 verbrachte sie bei Familie Schelling, einer Verwandtschaft ihrer Mutter, in München. Sie versuchte sich dort wieder als Schriftstellerin und schickte Texte an verschiedene Journale – drei Novellen wurden abgedruckt.    

Im Frühjahr 1831 versuchte sie sich noch einmal als Erzieherin und nahm eine Stelle im Hause Schönburg-Waldenburg an. Allerdings löste sie nach 6 Monaten das Arbeitsverhältnis wieder auf und ging zu ihren Eltern nach Mariensee, wo nun die Familie lebte. Im Mai 1832 starb ihre Mutter überraschend und Adelheid Reinbold musste die Haushaltsführung und auch die Verantwortung für ihre Geschwister übernehmen. Dabei kam es zu größeren Spannungen mit ihrem Vater, der schon im November des gleichen Jahres neu heiratete – wahrscheinlich nicht standesgemäß. Sie verließ daraufhin ihr Elternhaus endgültig. Allerdings kümmerte sie sich bis zu ihrem Tod um ihre Geschwister und finanzierte deren Erziehung und Ausbildung.

Im September 1833 kehrte sie nach Dresden zurück und lebte bei einer Handwerkerfamilie – die finanziellen Sorgen blieben. Sie vertraute sich Ludwig Tieck an und er vermittelte ihr eine Stelle als ständige Mitarbeiterin für Brockhaus’ Blätter für literarische Unterhaltung. Auch gab er ihre Werke unter dem männlichen Pseudonym Franz Berthold heraus.

Adelheid Reinbold starb am 14. Februar 1839 an der „brandigen Halsbräune“ (Diphtherie). Ein weiterer guter Freund von Adelheid Reinbold, Eduard von Bülow, schrieb zu Ihrem Tod:

Sie war in Folge einer Erkältung bei dem Komödiespielen an demselben Uebel, der brandigen Halsbräune , erkrankt , dem der junge Herzog von Leuchtenberg, der erste Gemal der Königin von Portugal einige Jahre früher so schnell erlegen war; die Krankheit kommt selten in ihrer ganzen Stärke vor , und verlangt alsdann, um heilbar zu sein, die allerschnellste Hülfe. Adelheid hatte mehrere Tage vergehen lassen , ehe sie einen ärztlichen Beistand in Anspruch genommen , und sich dann an den ersten besten Wundarzt gewendet, anstatt zu ihrem eignen erfahrenen Arzte zu senden. […] Der Arzt sprach uns nach wenigen Tagen, in denen meine Frau sie redlich gepflegt hatte, selbst seinen Unglauben an ihre Wiederherstellung aus , und wir erwarteten schon am Morgen des 14. Februar ihre Auflösung an diesem Tage. Meine Frau verließ sie gegen Mittag, um nach ihrem Hauswesen zu sehen, und als ich um 2 1/2 Uhr wieder zufragte , sagte mir die Wirthin , daß sie sterbe. Ich trat an ihr Bett , sie kannte mich, wie es schien, nicht mehr. Um 2 Uhr hatte sie gefragt , welche Zeit es sei, die Hände unter der Decke hervorgezogen, zum Gebet gefaltet und die Wirthin aufgefordert, das nämliche zu thun. Einige Minuten nach meiner Ankunft hauchte sie ihre letzten Seufzer aus und mußte ich ihre Augen schließen.

Eduard von Bülow, Adelheid Reinbold, eine deutsche Dichterin, in: Janus. Jahrbücher deutscher Gesinnung, Bildung und That, Bd. 2, Heft 47/48, 1846.

Weiter schrieb er:

Ihre letzte Lektüre in ihrer Krankheit war Montaigne. Kurz vor ihrem Tode hatte sie aus Balzac eine ihr innerstes Gefühl treffende Stelle in ihr Tagebuch geschrieben : Oublier , est le grand secret des existences fortes et créatrices , oublier à la manière de la nature , qui ne connoit point de passé, qui recommence à toute heure les mistères de ses infatigables enfautemens….“

[Übersetzung: Vergessen ist das große Geheimnis starker und schöpferischer Existenzen, Vergessen in der Art der Natur, die keine Vergangenheit kennt und die zu jeder Stunde die Geheimnisse ihrer unermüdlichen Fehler neu beginnt.]

Unweit davon steht: „Möchte meine Grabschrift dereinst sein : Sie ging mit Freuden hinüber zu ihren großen Ahnen und den Zeitgenossen , von denen nur das Leben sie fern hielt. Möchte ich diese Grabschrift wohl verdienen!“ Und ihr letzter Gedanke: „Nie erfüllt sich eine Hoffnung, wenn wir am heißesten mit ihr beschäftigt sind. Erst wenn wir sie überwunden haben, sendet uns das Schicksal ihre anders als wir es dachten bedingte Erfüllung.“

Eduard von Bülow, Adelheid Reinbold, eine deutsche Dichterin, in: Janus. Jahrbücher deutscher Gesinnung, Bildung und That, Bd. 2, Heft 47/48, 1846.
Wissenswertes:

Die wichtigsten Werke von Adelheid Reinbold veröffentlichte sie bei Ludwig Tieck unter dem männlichen Pseudonym Franz Berthold. Diesen Fakt gab Ludwig Tieck erst nach ihrem Tod in einem Vorwort zu der Veröffentlichung ihres Roman König Sebastian, oder wunderbare Rettung und Untergang bekannt. 

Einen sehr guten Einblick, auch zu der Bewertung Ihres Werkes, geben zwei Aufsätze von einem guten Freund, Eduard von Bülow, die 1846 von V. A. Huber in „Janus – Jahrbücher deutscher Gesinnung, Bildung und That“ (Quelle [3]) veröffentlicht wurden. Das Buch ist online im Internet auffindbar.

Wohnsitz/Dresdner Erinnerungsorte:

Als letzter Wohnsitz ist laut Sterbeeintrag im Kirchenbuch der Kreuzkirche die Waisenhausgasse 415 genannt. Die Waisenhausgasse (heute Waisenhausstraße) war vor dem Seetor in der Seevorstadt. Der  Standort des Haus Nr. 415 ist heute etwa am nördlichen Beginn der Prager Straße.

Grabmal:

Das Grabmal von Adelheid Reinbold ist sehr gut erhalten. Sowohl die Grabeinfassung als auch die Grabtafel sind erhalten. Die Grabtafel in Kreuzform aus Sandstein trägt die Inschrift „Hier ruht in Gott Fräulein Adelheid Reinbold aus Hannover geb. 15. Jan. 1800 gest. 14. Februar 1839“ 

Sicher bemerkenswert ist die Schilderung des Grabes durch Eduard von Bülow aus dem Jahre 1846:

Ich sorgte für ihre Beerdigung und Hinterlassenschaft, und erhielt, wie gesagt, von den Ihrigen Vollmacht, ihre Papiere zu übernehmen. Sie ist auf dem Eliaskirchhofe in der Altstadt beerdigt, und ich habe ihr Grab in Sandstein einfassen, eine Platte mit ihrem Namen daran lehnen, es mit Rasen und Veilchen belegen und bepflanzen lassen. Dicht daneben stehen einige Rosenbüsche, von dem nämlichen Loschwizer Flore, der sie einst so sehr erfreute und dessen Blumen ich ihr für ihre Novellen übersandte. Von diesen Rosen sind seitdem mehrere eingegangen, weil ich, von Dresden abwesend, nicht für ihre Pflege sorgen konnte. Ein einziger weißer Rosenstrauch ist aber als Vertreter der übrigen mächtig emporgeschossen und steht alljährlich in der vollsten Blüthe.

Eduard von Bülow, Adelheid Reinbold, eine deutsche Dichterin, in: Janus. Jahrbücher deutscher Gesinnung, Bildung und That, Bd. 2, Heft 47/48, 1846.
Eigene Werke:

Novellen und Erzählungen von Franz Berthold. Eingeführt von Ludwig Tieck. Bunzlau 1836, Appuns Buchhandlung, Band I.
Der Prinz von Massa, dramatische Novelle in fünf Abteilungen  veröffentlicht in Novellen von Franz Berthold, eingeführt von Ludwig Tieck. Band II, Bunzlau 1837, Appuns Buchhandlung.  

Irrwisch–Fritze. Idyll-Novelle von Franz Berthold, veröffentlicht in Urania. Taschenbuch aus dem Jahr 1839.  König Sebastian, oder wunderbare Rettung und Untergang. Von Franz Berthold. Hrsg. von Ludwig Tieck. Dresden u. Leipzig. Arnoldische Buchhandlung, 1839, 2 Bände.

Quellen/Literatur:

[1]„Adelheid Reinbold – eine vergessene Dichterin“ – ein Beitrag von Janin Afken vom 9. September 2013, ursprünglich auf dem Caroline-von-Humboldt-Forum veröffentlicht.

[2] Taufeintrag von der Kirche „Hannover – Schloss“ von 1800

[3] Eduard von Bülow, Adelheid Reinbold, eine deutsche Dichterin, in: Janus. Jahrbücher deutscher Gesinnung, Bildung und That, Bd. 2, Heft 47/48, 1846.

Von Kerstin Marasch/Matthias Dähn