Dr. Marion Stein
Seit etwa 1910 bestanden Pläne und Bemühungen, den Friedhof für die Nachwelt zu erhalten. Im Jahr 1915, ein Jahr nach Beginn des Ersten Weltkriegs, plante die Stadtverwaltung einen Wettbewerb, der vorsah, auf dem Eliasfriedhof eine Kriegergedächtnisstätte für gefallene Dresdner zu errichten. Besonders in Dresdner Künstlerkreisen hatten sich allerdings Widerstände dagegen geregt, dieses einzigartige »Freilichtmuseum alter Grabmalkunst« für einen solchen Zweck zu verwenden. Ein Jahr später erfolgte die Auslobung des »Preisausschreibens zur Erlangung von Entwürfen für die städtebauliche Gestaltung des Eliasfriedhofs« durch den Rat der Stadt Dresden, wobei auf die »Erhaltung der architektonischen Schönheiten« des Friedhofs besonderen Wert gelegt wurde. Keiner der eingereichten Entwürfe wurde jedoch weiter verfolgt, was sicher nicht zuletzt den Zeitverhältnissen geschuldet war.
Seit 1919 mehrte sich die Kritik am vernachlässigten Zustand des Begräbnisplatzes, so dass damals schon der »Landesverein Sächsischer Heimatschutz e. V.« warnte, dass der Friedhof eines Tages nur noch ein verwildertes und überwuchertes Trümmerfeld sein könnte. Am 14. Juli 1924 wurde durch das Dresdner Polizeipräsidium wegen zahlreicher Missstände und aus verkehrspolizeilichen Gründen die Schließung der Friedhofsanlage angeordnet. Seither durfte man den Bestattungsplatz nur mit einem Passierschein der Friedhofsverwaltung betreten. Der Friedhof war dermaßen bedrohlich in Verfall geraten, dass jeder mit seiner Unterschrift beglaubigen musste, auf eigenen Verantwortung den »lebensgefährlichen Ausflug« in die vergangenen Jahrhunderte zu unternehmen. Aus Sicherheitsgründen wurde der Eliasfriedhof seit dem 18. Juli 1928 vollständig für die Öffentlichkeit geschlossen.
Die Schicksalsfrage des Eliasfriedhofes wurde zwischen der Kirche als bisheriger Friedhofseigentümerin und der Dresdner Stadtverwaltung immer wieder kontrovers erörtert. Jahrzehntelange Bemühungen verschiedenster Institutionen, aber auch einzelner Persönlichkeiten um eine sinnvolle Übernahme des Friedhofes durch die Stadtverwaltung scheiterten jedoch auf Grund unterschiedlicher Standpunkte. Und viele Zeitgenossen drängte sich im Laufe der Jahre immer mehr die Frage auf, warum Dresden ein solch wundervolles Zeugnis alter Bürgerkultur langsam aber sicher verfallen lässt. Im Jahre 1939 wurden schließlich Erhaltungsmaßnahmen eingeleitet, worüber die »Dresdner Neusten Nachrichten« am 22. August 1939 berichteten: »Wer heute durch die Ziegelstraße geht, sieht die Grufthäuser hinter der festen Mauer bereits zum großen Teil abgedeckt. Altersschwache und wurmstichige Dachsparren ragen zum Himmel. Auf dem Fußweg häufen sich die Ziegel, die dabei entfernt wurden. Neue Dächer werden gebaut …« Bei den Luftangriffen auf Dresden im Februar 1945 wurde der Friedhof weitestgehend verschont. Es entstanden dennoch Zerstörungen und Schäden an den Grufthäusern, am Grabstätten- und Grabmalbestand, an der Einfriedungsmauer und am Totenbettmeisterhaus.
Nach Kriegsende konnten nur notdürftige Sicherungs- und Aufräumungsarbeiten durchgeführt werden, allerdings konnte bereits 1946 eine teilweise Erfassung von künstlerisch wertvollen Grabdenkmälern und historisch bedeutenden Grabstätten erfolgen. Eine Veränderungen der Verkehrsführung im Bereich des Güntzplatzes führte dazu, dass ein Teil des östlichen Friedhofes einer Straßenverbreiterung weichen musste.
Das Büro des Stadtarchitekten erstellte im Jahr 1975 eine städtebauliche »Studie zur Umgestaltung des Eliasfriedhofes«. Demzufolge sollte der Friedhof in eine öffentliche Grünanlage umgewandelt werden. Die ruinösen Grufthäuser sollten zwar wieder aufgebaut, die bedeutendsten Grabdenkmäler und Grabstätten erhalten, die Umfassungsmauer jedoch in wesentlichen Teilen abgetragen werden. Das historisch gewachsene Erscheinungsbild des Friedhofes wäre damit für alle Zeiten verloren gegangen. Der Plan wurde aus finanziellen gründen und wegen ungeklärter künftiger Eigentumsverhältnisse nicht realisiert. Der Friedhof blieb weiterhin für die Öffentlichkeit geschlossen.
Im Jahr 1987 fanden, nach nunmehr etwa fünfzig Jahren, erneute Verhandlungen zwischen dem kirchlichen Friedhofseigentümer und der Stadtverwaltung Dresden statt, mit dem Ziel, einen unentgeltlichen Rechtsträgerwechsel vorzubereiten. Die Stadt machte ihre Zustimmung davon abhängig, dass die Friedhofsverwaltung vor der vereinbarten Übernahme die Verkehrssicherheit auf dem Eliasfriedhof wieder herstellt. Daraufhin wurde noch im selben Jahr eine Maßnahmekonzeption durch das Evangelisch-Lutherische Landeskirchenamt Sachsen erarbeitet. Es erfolgten Sicherungsarbeiten an Grabmalen und Grabstätten sowie Pflege der gärtnerischen Anlagen.
Auf Grund der veränderten gesellschaftlichen Bedingungen erfolgten ab 1990 neuerliche Gespräche zur Übernahme des Friedhofes in das Eigentum der Stadt. Städtischerseits wurde eine Rechtsnachfolge für die frühere Vereinbarung abgelehnt. Der Maßnahmeplan von 1987 wurde 1995 im Auftrag des städtischen Denkmalschutzamtes zur Erlangung einer Übersicht der künftig für die Erhaltungs- und Sicherungsarbeiten auf dem Eliasfriedhof entstehenden Kosten aktualisiert. Im Rahmen des »Pegasus-Denkmalpflegeprogramms« befassten sich einige Jahre Schüler des St. Benno-Gymnasiums in Dresden sowohl theoretisch als auch praktisch mit dem Eliasfriedhof.
Ein bedeutender Schritt zur Unterstützung des Eigentümers wurde im Jahr 1997 mit der Initiative zur Konstituierung eines Fördervereins vollzogen. Seine offizielle Gründung als »Förderverein Eliasfriedhof Dresden e. V.« erfolgte am 22. November 1998 in der Unterkirche der Frauenkirche. Gleichzeitig begannen auf dem Eliasfriedhof erste Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen durch öffentlich geförderte Arbeit und mit Mitteln aus dem Landesförderprogramm Denkmalpflege. Der Förderverein unterstützt fachlich und finanziell diese Arbeiten, damit dem drohenden Verfall diese einzigartigen grünen Freilichtmuseums der Sepulkralkultur entgegengewirkt werden kann. Aber nur mit mit dem persönlichen Engagement Vieler ist die dauerhafte Erhaltung dieses bedeutenden europäischen Kulturdenkmals überhaupt möglich.